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2009er Burgunder von Olivier Bernstein

2009er Burgunder von Olivier Bernstein

Im Burgund wirft ein hochgepriesener Jahrgang seine Schatten voraus. Ähnlich wie in Bordeaux, scheinen auch die 2009er Burgunder hervorragend gelungen zu sein. Im Mai hatte ich die ersten, sehr vielversprechenden Eindrücke bei TOLLOT-BEAUT, ARMAND ROUSSEAU, CLAUDE DUGAT, COMTE DE VOGUE und LECHENEAUT sammeln können. Anfang November pilgern nun alle Burgunder-Journalisten und Importeure mit großen Erwartungen an die Côte d'Or. Mein Weg führte mich am 10. November aus Zeitgründen nur zu vier Domainen: JACQUES PRIEUR, FRANCOIS JOBARD, CLAUDE DUGAT und OLIVIER BERNSTEIN. Anlass war der eng umrissene Zeitrahmen bei Olivier Bernstein für eine Verkostung der 2009er. Einen Tag später erwartete er unter anderem STEPHEN TANZER und tags drauf ALLEN MEADWOS. Erst jetzt gewährte Bernstein eine umfassende Verkostung des Jahrgangs 2009, hatten seine Weine doch erst im Juli, recht spät die malolaktische Gärung abgeschlossen. Bernstein begann seine kleine Micro-Négoce-Unternehmung erst mit dem Jahrgang 2007. Seine Weine wurden umgehend zu den jahrgangsbesten Burgundern in 2007 und 2008 gewertet. Die Produktionsmenge konnte Bernstein seither deutlich steigern. 2007 waren es noch 8.000, 2008 bereits 12.000 und 2009 sind es nun 33.000 Flaschen. Bei solch rasantem Wachstum könnte man denken, dass die Qualität zu leiden beginnt. Nicht so bei Olivier Bernstein. Die Qualitäten steigerte er von Jahr zu Jahr und erreichte mit den 2009ern ein Niveau, das nahezu unglaublich ist. Noch nie habe ich eine bessere, durchgängigere und eigenständigere Kollektion im Burgund verkostet, die gleichermaßen Rebsortencharakteristik und Lagentypizität respektiert und befördert. Eine immer wiederkehrende Handschrift oder Produktionsrezeptur ist nicht erkennbar. Olivier erntete im Schnitt eine Woche früher als seine Kollegen. Er wollte die Säure der Trauben und damit ihre Frische und Präzision bewahren. Durch den aufwändigen, selektiven Rückschnitt des Ertrags erreichte er eine sehr einheitliche Qualität der Trauben mit absolut reifen Tanninen und feiner Säure. Bei einigen namhaften Winzern erinnern manche 2009er mit gekochter Frucht und eher »südfranzösischen« Tanninen an die schwierigen 2003er. Bei Bernsteins Weinen gibt es derartige Anklänge gar nicht. Zwar herrschen in der Nase schokoladig-intensive Töne vor, die bei Pinot Noir meist auf einen breiten, massigen Mundverlauf deuten, was der Eleganz der Rebsorte normalerweise abträglich ist. Bei Bernsteins 2009ern bleiben die Aromen allerdings immer frisch und berauschend vielschichtig. Diese Weine sind enorm konzentriert, dabei jedoch absolut ausgewogen und trotz monumentaler Struktur sind alle Weine transparent und bestechend klar. Dies belegt, dass Bernstein perfekt reifes und eben nicht überreifes Lesegut erntete! Auch der durchschnittliche Alkohol der Weine liegt mit 13,2% im moderaten Bereich für 2009.

Lesen Sie die Verkostungsnotizen von Thomas Boxberger vom 10. November 2010, etwa fünf Monate vor der Abfüllung:

2009 Gevrey-Chambertin by Olivier Bernstein
90–92 extraprima-Punkte
Der »einfache« Dorflagen-Gevrey zeigt eine hochreife, intensive Frucht, die an gelungene 1er Crus des Jahrgangs 1990 erinnert. Die leicht speckige Note rief in mir den Vergleich mit dem 90er Clos des Reas von Jean Gros wach. Hochdicht, reif und intensiv zeigt er sich mit runden Tanninen und finessenreicher Frucht ausgestattet. Möglicherweise ist der 2008er Bernstein-Gevrey der komplexere Jahrgang. Denn der 2009er schlägt derzeit noch wild um sich und zeigt sich bei dieser Fülle und berstenden Extraktion noch recht ungestüm. Allerdings könnte sich mit fortschreitender Fassreife das Blatt zu weiterer Komplexität wenden. Erstaunliche 11.000 Flaschen produzierte Olivier Bernstein von dieser grandiosen Qualität.



2009 Chambolle-Musigny 1er Cru Les Lavrottes

92–94 extraprima-Punkte

Der Lavrottes ist ein dramatischer Einstieg in das Premier-Cru-Niveau der 2009er Bernstein-Burgunder. Seine hochreife, süße und verschwenderisch duftende Frucht wird von intensiven Kaffee- und Nougataromen begleitet. Unablässig strömt frischer Cassisduft aus dem Glas, unendlich tief und reif. Mit sensationeller Kraft erstürmt er den Gaumen, saftiger Extrakt macht sich breit, ganz fein rollen die Tannine an der Zunge entlang. Der Lavrottes trägt die reichhaltigen und reifen Aromen eines heißen Jahres in sich, die normalerweise trocken und verbrannt am Gaumen enden. Beim Lavrottes löst sich diese Befürchtung jedoch in Wohlgefallen auf, denn er bleibt frisch, lang und fein zurück. Absolut außergewöhnlich. Etwa 2700 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Gevrey-Chambertin 1er Cru Les Champeaux
93–95 extraprima-Punkte

Unglaublich tief, verschlossen und mit enormer Komplexität ausgestattet, begegnet einem das Bouquet des Champeaux. Mit sensationeller Frische, erdig-steiniger Tiefe, reif und saftig süß, erfüllt er den Mund. Sein einzigartig scheinender, grandioser Extrakt ist durch viel Schwung und Rasse mit dem fein schmelzenden, runden Tannin verbunden. Ein großartiger Premier Cru auf Grand-Cru-Niveau. Die Lage Champeaux ist vom Charakter her die rundeste unter den Lagen an der Combe de Lavaut am nördlichen Rand von Gevrey. Der grandiose 2009er Champeaux von Bernstein ist sehr komplett und wird ein großer Charmeur. Etwa 2700 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Gevrey-Chambertin 1er Cru Les Cazetières
94–96 extraprima-Punkte

Der Cazetières präsentiert sich in der Nase noch reservierter als der Champeaux. Ganz tief und enorm kraftvoll duftet er, mit sensationeller Frucht ausgestattet und von vielschichtigen Aromen begleitet, wie frischen Kräutern, Lakritze und Kaffee. Auf der Zunge attackiert er mit einer grandiosen Dichte, wieder umgarnt von intensiven Kräutern und frisch gepflückten Beeren, die endlos am Gaumen wiederkehren, immer frisch, immer transparent und elegant. Er wirkt deutlich massiver und weiter gefasst als der hervorragende 2008er. Der 2009er Cazetières zeigt eine unglaubliche Spannung und großartiges Tannin von einer extrem feinen Körnung, das in der groß angelegten Struktur weitläufig verteilt ist. Etwa 2700 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Charmes-Chambertin Grand Cru
94–96 extraprima-Punkte

Der Duft des Charmes-Chambertin umfasst eine enorme Weite mit grandioser Komplexität, angefüllt mit reichhaltig-vielschichtiger Frucht, sowie intensiver Süße und Aromen von Kaffee, Nougat und Schokoloade. Sensationell dicht erobert er die Zunge, mit enormer Länge, immenser Intensität und seidiger Feinheit in einer weit angelegten Struktur. Ein monumental aufgebauter Charmes-Chambertin, der trotz unglaublicher Fülle und Intensität nie zu breit oder zu fett ist. Er saftet immer nach, mit endlos wiederkehrenden Aromen von frischen Beeren, Schokolade und Amarenakirschen. Der hochangereicherte Abgang hält über Minuten an und macht einen fast sprachlos. Etwa 1800 Flaschen Gesamtproduktion.


2009 Clos de Vougeot Grand Cru
95–97 extraprima-Punkte

Bernsteins 2009er Clos de Vougeot besitzt die eindeutig beste Nase, die ich aus dieser Lage je ins Glas bekam!  Ein absolut unglaublicher Wein mit endloser Tiefe und einer in Fels gehauenen Komposition von Frische, Mineralik und extraktgetriebener Intensität. Rote und dunkle Beeren schwelgen in dem irrsinnig dichten und absolut undurchdringlichen Bouquet mit. Schokolade und Kaffe erfüllen die reichhaltige Kopfnote des Duftspektakels. Unglaublich präzise und rassig baut er sich im Mund auf, bleibt jederzeit enorm druckvoll, ohne jedoch schwer zu sein. Der 2009er Clos de Vougeot von Bernstein fördert eine grandiose Opulenz zutage, ohne Aufdringlichkeit oder zu fett zu sein. Er bleibt ewig lang, unverrückbar im Mund, mit grandioser Vielschichtigkeit und unglaublich feiner Struktur. Etwa 1800 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Clos de la Roche Grand Cru
96–98 extraprima-Punkte

Dicht und tief aber noch sehr verschlossen präsentiert sich die Nase des 2009er Clos de la Roche. Mit einer dunkleren und vor allem intensiveren Ausrichtung als der 2008er. Likörig und dicht bleibt das undurchdringliche Nasenbild, mit unglaublicher Süße im Fond. Im Mund zeigt er eine ganz feste und fette, hochsaturierte, dichte Frucht mit steiniger Aromatik. Dahinter steht eine likörige Extraktwand, wie eine monumentale Pyramide, aufgehäuft von feinsten Tanninpartikeln und endlosem Extrakt. Seine unglaubliche Tiefe und Vielschichtigkeit wird von dem fein zerstäubtem Tannin getragen, das süß und schwerelos in ein nicht sichtbares Finale mündet. Hier trifft eine Kraft und Intensität, die man sonst nur von der südlichen Rhône kennt, auf burgundische Definition, Frische und Finesse. Diese explosive Mischung bleibt über Minuten im Mund. Etwa 2100 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Bonnes Mares Grand Cru

96–98 extraprima-Punkte

Der Bonnes Mares besitzt eine enorm süße Kopfnote wie ein gigantischer, reifer Sangiovese, jedoch mit burgundischer Frische unterlegt. Er strahlt eine unglaubliche Vielschichtigkeit und Beerigkeit aus, mit noch größerer Intensität als der Clos de la Roche. Ein absolut hammermäßiges Nasenbild. Bitte entschuldigen Sie diese unpräzise Beschreibung, allerdings verschlägt es einem bei diesen Weinen schlicht die Sprache. Wieder zu Sinnen gekommen, ertappt man sich dabei, pausenlos in Superlativen zu formulieren. Mit süßen, beerigen Noten befeuert er die Zunge unterstützt von weit verteiltem Tannin, das rund, geschmeidig weich und fein zerstäubt ist. Die spielerische Finesse und der typische Charme dieses Grand Cru aus Chambolle-Musigny trägt er unverwechselbar und mit großer Aufrichtigkeit und unglaublicher Kraft in sich. Ewig langer Nachhall. Etwa 1800 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Mazis-Chambertin Grand Cru
98–100 extraprima-Punkte

Der Mazis-Chambertin war der verschlossenste aller Bernstein-Weine. Er ist das Ebenbild und schlichte Reinkarnation eines der größten Burgunder den ich je erleben durfte, dem 93er Griotte-Chambertin von Claude Dugat. Von diesem damals unbekannten Wein hatte ich als junger Weinhändler 36 Flaschen der spärlichen 600 Flaschen (zwei Fässer) Gesamtproduktion eingekauft. Kurz darauf erhielt er 100 Punkte durch Robert Parker. Etwa zehn Mal durfte ich diesen Wein genießen und sein Bild hat sich mir als Idealvorstellung eines Pinot Noir eingebrannt. Gerne hätte ich dem 2009er Mazis-Chambertin von Olivier Bernstein ebenso die volle Punktzahl 99–100 gegeben. Das allerdings verhinderte Bernsteins 2009er Clos de Beze, der einfach noch einen Hauch besser ist. Die reduktive, mit Schießpulver gespickte Nase verriet nicht viel, deutete aber die enorme Konzentration und Intensität im Hintergrund an. Eine ganz distinguierte, feine Frucht durchflutet den Mundraum. Die großartige Konzentration ist ganz luftig und intensiv, dabei jedoch engelsleicht und von gottgewollter Harmonie erfüllt. Es ist vor allem die Frische, Klarheit und vielschichtige Präzision der rotbeerig-kirschigen Frucht, die an den erwähnten 93er Griotte erinnert. Bernsteins 2009er Mazis-Chambertin scheint keinen Abgang zu haben, er bleibt einfach da. Unglaublich. Etwa 1800 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Chambertin Clos de Beze Grand Cru
99–100 extraprima-Punkte

Der Clos de Beze ist eine der grandiosesten Burgunderlagen überhaupt. Bernsteins Interpretation desselben ist die pure Perfektion. Enorm tiefe, offene Nase von großer Distinktion und raumgreifender Opulenz. Die einladende, likörig-frische Frucht ist von maximaler Ausweitung. Er besitzt ein am Limit operierendes Bouquet, das sich mit seiner frischen Aromatik deutlich der massiv-likörigen Jahrgangstypizität entzieht. Den Mund flutet der Clos de Beze mit generöser Extraktion und findet sofort sein mit spielerischer Kraft ausgestattetes Gleichgewicht. Keine Ecke oder Kante stört. Er hat nicht die Explosivität des Mazis-Chambertin, denn den Clos de Beze kennzeichnet die schlichte Perfektion und Harmonie. Er besitzt mit traumwandlerischem Selbstverständnis alles, was einen großen Pinot Noir auszeichnet und bleibt ewig auf der Zunge. Komplex und endlos, mit einer einzigartigen Sensibiltät ausgestattet und unglaublich subtil, erfüllt er den Gaumen mit engelsleichtem, kaum spürbarem Tannin. Ein Monument aus Pinot Noir. Etwa 1200 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Meursault 1er Cru Les Charmes

92–94 extraprima-Punkte

Für den 2009er Meursault reduziert Olivier Bernstein etwas die Battonnage, das Aufrühren der Feinhefe, um ihn nicht zu schwer oder fett werden zu lassen. Vielmehr möchte er die Rasse und Frische bewahren. Leicht reduktiv zeigte das Fassmuster große Anlagen mit hervorragender Intensität und Länge. Sein Charakter entspricht ungefähr dem der beiden Vorgänger. Nur ist er weniger wild als es der 2007er war. Der Charmes benötigt noch einige Monate Fassreife. Daher sollte man ihn nach der Füllung in Ruhe nachverkosten. Etwa 900 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Puligny-Montrachet 1er Cru Champ Gain

92–94 extraprima-Punkte

Der Puligny-Montrachet Champ Gain zeigt derzeit mehr Fleisch und Kraft als der Meursault Charmes. In den vergangenen beiden Jahren war dieses Kräfteverhältnis immer umgekehrt. Süß, intensiv und mit eindringlicher Frucht ausgestattet, überzeugt die offene Nase gegenüber dem reduktiven Exemplar des Meursault. Er zeigt viel Stoff darin und verströmt ausgiebig sein reichhaltiges Parfum. Im Mund besitzt er eine wunderbare Struktur, sehr lang und vielschichtig, angereichert mit großer Extraktsüße, etwas Honig, Agrumen und getrockneten Kräutern. Ein grandioser Puligny, der sich möglicherweise im Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Meursault durchsetzen wird. Etwa 1200 Flaschen Gesamtproduktion.



2009 Corton-Charlemagne Grand Cru

94–96 extraprima-Punkte

Die traurige Gewissheit, das es von diesem überragenden Corton-Charlemagne lediglich 900 Flaschen gibt und die Zuteilung sehr gering ausfällt, macht es schwer überhaupt etwas von diesem Wein abzugeben. Die explosive Nase des Corton-Charlemagne zeigt eine wundervolle, mit Schwarzpulver angereicherte Reduktion, die dem Zitat eines großen Weins Jean Francois Coche-Dury gleich kommt. Dahinter verbirgt sich eine dichte, hochintensive und enorm tiefe Frucht, die eine grandiose Lagentypizität in sich trägt. Auch ist der Corton-Charlemagne deutlich frischer und extraktreicher als Bernsteins Premier Crus aus Meursault und Puligny. Viel Rasse, enorme Frische und grandiose Stoffigkeit zaubert er auf die Zunge. Eigenwillig, würzig und ewig lang bleibt er im Mund. Einfach großartig. Etwa 900 Flaschen Gesamtproduktion.